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Der Wasserbedarf und -verbrauch nahm stetig zu, weshalb zusätzliche Ressourcen erschlossen werden mussten.

Der Bedarf nach immer mehr Wasser zwang die Stadt Bern erneut, zusätzliche Ressourcen zu erschliessen. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden erste

Probebohrungen nach Wasservorkommen entlang der Aare vorgenommen. Im Rahmen weiterer Abklärungen im Jahr 1917 spielten die Grundwasservorkommen

zwischen Thun und Belp eine wichtige Rolle, aber erst nach der Wasserknappheit im Sommer 1934 wurden die Projektierungsarbeiten wieder aufgenommen. Ein auf Februar 1939 datierter Expertenbericht erklärte das Projekt im Aaretal bei Kiesen inklusive der Freispiegelleitung zum Pumpwerk Schönau als das am besten geeignetste hinsichtlich Quantität und Qualität des Wassers und der Kosten.

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Freispiegelleitung entlang der Gürbe in Belp


Anlässlich der Volksabstimmung vom 29./30. Juni 1946 wurde das Projekt mit einem überwäl-tigenden Mehr (93 % Ja zu 7 % Nein) angenommen. Das imposante Bauwerk, das eine Kapazität von bis zu 60’000 l/min Wasser hat, wurde am 8. Dezember 1950 eingeweiht. In einer europaweiten Premiere wurden bei den Brunnen in Kiesen erstmals Horizontalfilterbrunnen realisiert. Gleichzeitig mit der Aaretalleitung wurde vis-à-vis des Tierparks Dälhölzli in Bern das Pumpwerk Schönau erstellt, welches in der Nähe des Gaskessels seinerzeit als Betriebszentrale für die Gas- und Wasserversorgung der Stadt Bern diente und das Wasserlabor der Stadt beherbergte. Der letzte Schritt im Ausbau des Grundwasserwerkes Aaretal 1 war der Bau des Reservoirs Gurten, der Anfang 1970 beendet wurde.

Die Stadt verfügte nun über Quellen in Schwarzenburg und Köniz sowie die Grund-wasserfassungen in der Aeschau und in Kiesen. Infolge des starken Wachstums

der Bevölkerung, insbesondere in den Agglomerationen, nahm der Wasserbedarf weiter zu und überstieg zeitweise das Angebot. Zur Behebung des vorhandenen Engpasses stellte der Gemeinderat am 23. Oktober 1968 ein Konzessionsgesuch

für die Entnahme von Grundwasser auf dem Gebiet der Gemeinden Uetendorf und Uttigen. Obwohl zahlreiche Einsprachen eingingen, wurde die Konzession am 22. September 1970 erteilt. In dieser wurde festgehalten, dass das aus dieser Fassung gewonnene Wasser auch den umliegenden Gemeinden zur Verfügung gestellt wird und eine entsprechende Gesellschaft gegründet werden musste. Kurz nach der Gründung der Aktiengesellschaft Wasserverbund Region Bern (WVRB AG) brach die Bevölkerungsentwicklung ein, so dass die Prognosen hinsichtlich der Steigerung des Wasserverbrauchs nach unten korrigiert werden mussten.

Kurz nach der Gründung der Aktiengesellschaft Wasserverbund Region Bern AG (WVRB AG) brach die Bevölkerungsentwicklung ein, so dass die Prognosen hinsichtlich der Steigerung des Wasserverbrauchs nach unten korrigiert werden musste.

1977 gab das Wasserwirtschaftsamt des Kantons umfassende Grundwasseruntersuchungen im Aaretal zwischen Thun und Bern in Auftrag. Die Generalversammlung der WVRB AG beschloss auf Empfehlung des Kantons am 15. Juni 1981, das ursprüngliche Projekt Uetendorf-Uttigen nicht weiterzuverfolgen, sondern an dessen Stelle einen näheren Wasserbezugsort mit geringerer Leistungsfähigkeit zu wählen, nämlich in der Belpau. Das diesbezügliche Konzessionsgesuch wurde am 25. Juli 1980 eingereicht. Der Umstand, dass das Grundwasser in einem Naturschutzgebiet entnommen werden sollte, stiess vielerorts auf grossen Widerstand. Die Konzession wurde schlussendlich am 22. Juni 1983 erteilt.

Gegen die notwendigen Rodungen wurden Beschwerden eingereicht und mit Verfügung vom 11. Juni 1986 verweigerte das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) die für den Bau des Grundwasserwerkes nötige Rodungsbewilligung. Erst das Bundesgericht hob diesen Entscheid am 16. September 1987 auf. Daraufhin

war es der Schweizerische Bund für Naturschutz in Basel, der am 11. Mai 1988 beim Bundesgericht das Rechtsbegehren stellte, die Bewilligung sei aufzuheben. Das Begehren wurde allerdings wieder abgewiesen und der anschliessende Rekurs ebenfalls. Dies provozierte die Lancierung einer Volksinitiative zum Erlass des Gesetzes über den Schutz der Aarelandschaft, die «Aareschutzinitiative», bei der die Verhinderung des Aaretalwerkes 2 in der Belpau eine der Zielsetzungen war.


Die Publikation des Bauvorhabens hatte erneut Einsprachenzur Folge, welche ausnahmslos abgewiesen wurden. Nach der ausgestellten Baubewilligung gingen

wiederum Beschwerden ein, die aber alle mit Entscheid vom 28. August 1991 abgewiesen wurden. Doch die Gegner gaben immer noch nicht klein bei. Sie wandten sich an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, das den Streitfall am 29. Juni 1992 zu Gunsten der Beklagten entschied und damit grünes Licht für den Bau des Aaretalwerkes 2 gab.

In der Zwischenzeit war am 6. März 1990 die Initiative für ein «Gesetz über den Schutz der Aarelandschaft» eingereicht worden. Darin wurde ausdrücklich vorgeschrieben, dass das Grundwasserpumpwerk in der Belpau nicht gebaut werden dürfe, was einem direkten Bauverbot gleichkam. Die Aareschutzinitiative wurde am 6. September 1993 mit 57.4 % Nein-Stimmen abgelehnt. Bereits vor der Abstimmung

war eine Beschwerde gegen die Art der Kampagne eingereicht worden, welche jedoch vom Grossen Rat abgelehnt wurde. Dagegen reichten die Gegner erneut

eine staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht ein, blitzten aber wieder ab.

Die Grundwasserfassung in der Belpau nahm schliesslich – nach einer turbulenten Zeit – am 1. Januar 1997 offiziell den Betrieb auf.

Die Gebiete Amerikaegge und Oberi Au wurden nach der ursprünglichen Konzes-sionierung 1970 in der Richtplanung für spätere Generationen als Grundwasser- schutzareale ausgeschieden. Die Wasserverbund Region Bern AG ist Grundeigen- tümerin des Amerikaegge. Der Fassungsort diente als strategische Reserve, um auch in Zukunft die Nachfrage nach Trinkwasser zu befriedigen. Im Rahmen des Autobahnprojektes Bypass Thun Nord wurde die bestehende Fassung der NetZulg AG in Steffisburg tangiert und der Kanton Bern entschied, dass die neu gegründete WARET AG (Wasserversorgung der Region Thun) auf dem Grundstück der WVRB AG

eine Fassung bauen darf, um die fehlende Wassermenge zu kompensieren.

In den folgenden Gesprächen zwischen der WARET AG und der WVRB AG wurde ent- schieden, dass die neue Grundwasserfassung gemeinsam unter der Federführung

der WARET AG erstellt wird. Die Fassung mit einer konzessionierten Menge von 25’000 l/min wird seit der Erstellung 2015 gemeinsam genutzt. Das Nutzungsver-hältnis beträgt 19’000 l/min für die WARET AG und 6’000 l/min für die WVRB AG. Bei Bedarf kann von beiden Partnern, nach gegenseitiger Rücksprache, auch mehr Wasser bezogen werden. Um das Wasser zu nutzen, wurde 2014 – 16 durch die

WVRB AG eine neue Heberleitung vom Amerikaegge bis zum Endfallheber in Kiesen, inklusive Aarequerung im Microtunnelingverfahren, erstellt.


Der WVRB AG traten immer mehr Aktionäre bei. Deren problematische Fassungen konnten deswegen stillgelegt werden. Zusätzlich wurde im Zuge der Revitalisierung

der Aare und weiteren Schutzzonenkonflikten in Kiesen, die Schutzzone verkleinert und die Entnahmemenge von 60’000 l/min auf 35’000 l/min reduziert. Aus diesen Gründen wurde in Uttigen die neue Grundwasserfassung Oberi Au, mit einer konzessionierten Menge von 25’000 l/min, realisiert. Der Brunnen wurde 2023 in Betrieb genommen und an das Hebersystem Kiesen angeschlossen.

Mit dem Beitritt 2020 der Gemeindebetriebe Muri b. Bern (gbm) zur WVRB AG wechselten die Besitzrechte der Grundwasserfassung Wehrliau. Die Fassung mit

einer konzessionierten Entnahmemenge von 18’600 l/min versorgt hauptsächlich die Gemeinden Muri b. Bern, Allmendingen, Rubigen, Worb und Teile von

Ostermundigen. Um die Versorgungssicherheit zu verbessern und das vorhandene Trinkwasser besser nutzen zu können, wurde das Hauptpumpwerk 2022 – 2023

komplett erneuert und mit zwei neuen Leitungen in die bestehenden Aaretalleitungen 1 und 2 eingebunden.

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Es besteht je eine Verbindung zur Freispiegelleitung Aaretal 1 (grün) und zur Druckleitung Aaretal 2 (blau).


Die Vernetzung der Wehrliau mit den bestehenden Transport-leitungen im Aaretal verbesserte die Versorgungssicherheit der Gemeinden Muri b. Bern, Allmendingen, Worb und Rubigen sowie Ostermundigen deutlich. Zudem profitieren alle Aktionäre davon, dass von der Fassung Wehrliau Wasser in das bestehende System der WVRB AG eingespeist werden kann. Die beiden Verbindungen zu den bestehenden Aaretalleitungen wurden mit einem Spülbohrverfahren realisiert. Die Leitungen unterqueren die Aare und das Fassungsgebiet Selhofen von Köniz in einer Tiefe von über 30 Meter und in einer Länge von 520 bzw. 620 Meter.